Großer Zapfenstreich

- historische Entwicklung und Bedeutung-

Ein Sprichwort unseres Vereins lautet: „Der einsamste Ort der Welt ist die Mitte des Feuerwehrplatzes beim Zapfenstreich.“ Dort gibt der Hauptmann (alleine, frei stehend) die Kommandos.

Es ist seit langem Tradition am Samstag unseres Schützenfestes den Kommersabend durch einen Großen Zapfenstreich feierlich zu eröffnen. Auch andere Vereine veranstalten zu ihren Festen einen Zapfenstreich, ebenso zu vielen militärischen und nationalen Gelegenheiten wird er gespielt. Viele sind sich jedoch der Bedeutung und des Hintergrundes nicht bewusst, die diese Zeremonie inne hat, darum wollen wir ihn hier einmal näher erläutern.

Wie viele wissen ist der Große Zapfenstreich eigentlich ein militärisches Ereignis, das bei den deutschen Streitkräften seit der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ausschließlich bei wichtigen, offiziellen Anlässen durchgeführt wird. Nach den Dienstvorschriften der Bundeswehr soll er den Zusammenhalt der Streitkräfte festigen und die Verbundenheit von Truppe und Bevölkerung stärken.

Das heute übliche Zeremoniell legte 1838 Friedrich Wilhelm Wieprecht fest, der Wegbereiter deutscher Blas- und Militärmusik:

Als unverzichtbare Bestandteile des Großen Zapfenstreiches seien hier aufgeführt:

·         Einzug der Ehrenformation

Die einzelnen Abschnitte sollen nun in chronologischer Reihenfolge erklärt werden.

Der zum Einmarsch der als Ehrenformation fungierenden Fackelträgern gespielte Yorck`sche Marsch von Ludwig van Beethoven erinnert an Graf Yorck von Wartenburg. Dieser schloss ohne Ermächtigung des preußischen Königs im Dezember 1812 mit Russland die Konvention von Tauroggen, erklärte sich mit seinem Corps so neutral und initiierte dadurch die Befreiungskriege gegen Napoleon.

Die auf den Einzugsmarsch folgende Serenade ist eine freie Folge von Musikstücken. Hier kann zum Beispiel auf die jeweilige Region oder Landsmannschaft eingegangen werden.

Der eigentliche Zapfenstreich beginnt mit dem Kommando: "Ehrenformation - stillgestanden. Großer Zapfenstreich".

Er geht auf eine Tradition des 17. Jahrhunderts zurück, nach der abends, gegen 22 Uhr, in großen Feldlagern der Landsknechte der aufsichtsführende Regimentsprofoß (etwa: Gerichtsoffizier), später die Hauptleute und die Feldwebel, begleitet von einem Pfeifer und einem Trommler, dem sogenannten „Spil“, mit seinem Stab gegen den Zapfen eines Fasses (Wein-, Bier- oder Schnapsfässer) geschlagen hat. Dies war das Zeichen, das Zechen und Würfelspielen einzustellen und beendeten also das Trinkgelage der Krieger und forderten sie zum Schlafen auf. Der im anglo-amerikanischen Sprachraum verwendete Ausdruck „Tattoo“ für Zapfenstreich geht auf einen entsprechenden Brauch zurück (von hollandisch „Tap-to“, also Zapfen zumachen).

Von diesem Zeitpunkt an durften Wirte keine Getränke mehr ausgeben, die Landsknechte hatten sich in ihre Zelte zu begeben und Ruhe zu halten. Zuwiderhandlungen gegen dieses Gebot wurden hart bestraft.

Von dem Stabstreich gegen den Zapfen übertrug sich der Begriff "Zapfenstreich" auf das begleitende Signal des Spils, das bei Fußtruppen von Spielleuten getrommelt und bei Reitern von Trompetern geblasen wurde.

So hatte ursprünglich jede Waffengattung ihr eigenes Zapfenstreichsignal. Waren mehrere unterschiedliche Regimenter in großen Feldlagern versammelt, so wurden die verschiedenen Signale nacheinander geschlagen beziehungsweise geblasen. In späteren Zeiten wurden die Soldaten durch das Vortragen dieser Signale abends in die Kasernen zurückbefohlen, gleichsam gelockt. Daran erinnern heute noch das "Locken" der Spielleute mit Trommel und Pfeife und die sogenannten "Kavallerie-Posten" der Trompeter.

Der Große Zapfenstreich in seiner heutigen Form mit Gebet geht auf einen Befehl des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III. zurück, der am Abend nach der Schlacht von Groß Görschen im Mai 1813 vom Zapfenstreich der verbündeten russischen Truppen mit gesungenem Vaterunser so beeindruckt war, dass er ihn wenig später in seine Armee übernahm. Welcher Choral zur Zeit der Übernahme der Zeremonie gespielt wurde ist nicht bekannt, doch wurde später Gerhard Tersteegens "Ich bete an die Macht der Liebe" unterlegt.

Danach wiederholen sich das "Locken" und die "Kavallerie-Posten" im "Ruf nach dem Gebet" der Spielleute und im "Abschlagen nach dem Gebet" des Musikzuges.

Das Deutschlandlied als Nationalhymne wurde ab 1925 fester Bestandteil des Großen Zapfenstreiches, nachdem man bis 1918 in Anwesenheit des Kaisers "Heil Dir im Siegerkranz" gespielt hatte.

Der Abmarsch der Ehrenformation erfolgt unter den Klängen des sogenannten Zapfenstreichmarsches.

Der große Zapfenstreich, wie er etwa zur Zeit des Alten Fritz entstand, war immer ein Festakt. Er hatte sich von dem Zapfenabhauen zu einer Feierlichkeit entwickelt, die u.a. den Spielleuten der beteiligten Einheiten die Gelegenheit gaben, zu zeigen, was in ihnen steckt.

Heute ist der Große Zapfenstreich im militärischen Bereich immer wieder ein Höhepunkt im Soldatenleben. Er findet bei Gelöbnissen, Ehrungen und Verabschiedungen sowie bei Jubiläen statt.

Wir hoffen dem Interessierten mit dieser Abhandlung einmal eine außergewöhnliche Information in die Hand gegeben zu haben zu einem Thema, über das normaler Weise wenig bekannt ist.

Artikel: KHG

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